Tagebuch 2015 - Seite 1

Das Jahr 2015 ist nun schon gute 14 Tage alt. Ich bin in den sonnigen Süden geflogen - hatte Tage mit über 30  Grad. So lässt es sich leben - wie ich meine!

Gedankenauszüge: 

Seit meiner Ankunft plane ich den Tier- und Vogelpark vor Ort zu besuchen. Immer schiebt sich irgendetwas dazwischen. Mal war die Nacht zu kurz, dann schmerzt der Körper wieder so sehr und ich traue mir so eine Tageswanderung nicht zu. Auch gibt es Tage, an denen der Himmel wolkenverhangen ist und den Eindruck macht, als wolle er gleich anfangen zu weinen.

Am vorletzten Tag starte ich … alleine. Egal - das hat den großen Vorteil, dass ich entscheiden kann, was ich im Park wann, wo und wie lange machen möchte! Das lohnt doch wohl einen Besuch allemal?

Trotz aller Zuversicht bin ich ein wenig gestresst. Mir fangen wieder kurz die Hände an zu zittern – ich spüre meinen Blutdruck ansteigen, die Tränen schießen mir in die Augen und ich muss mir gut zureden, um meinen Weg fort setzen zu können: Ich bin auf niemanden angewiesen – möge sie sich sonst wo amüsieren – nur möge sie mir nicht auf die Nerven gehen!

Ein Moment meiner Kindheit: „Jeder muss nach seiner Fasson glücklich werden“, war der Leitspruch meiner dämlichen Mutter. Sie meinte damit im Klartext: Ich gehe jetzt los … mache mir einen schönen Abend und sollte ein toller Typ meinen Weg kreuzen, dann komme ich etwas später nach Hause! So manches Mal war sie tagelang weg und ich wusste nicht mehr, was ich hätte essen können. Aber das Schlimmste war, dass ich kein Essen für meine Geschwister hatte. Wie oft habe ich versucht, mit irgendeinem Babybrei aus Tüten, die man als Probepackung bei einem Einkauf umsonst dazu bekommt  und einem bisschen Wasser, etwas zusammen zu mischen, was halbwegs nahrhaft erscheint und sei es nur,  damit sie aufhören zu weinen. Ich erinnere mich heute nicht mehr, ob mir das gelungen ist. Aber sie leben heute alle recht gesund – naja, den Umständen entsprechend. Will aber sagen, dass es irgendwie geklappt haben muss.

Manchmal denke ich auch, dass ich in meinem Kinderkopf die Situationen allzu übermächtig empfunden habe – aber egal, es waren für  mich damals schier unüberwindbare Probleme.

Und da laufe ich heute also alleine in den Park, weil wir uns nicht abhängig machen und weil jeder so den Tag gestaltet wie er/sie es für richtig befindet!

Tapfer gehe ich meinen Weg – alles wird gut!

In der Tat – im Park angekommen, vergesse ich alles um mich herum. Es ist wunderschön. Die Bilder, die ich mache begeistern mich nicht so sehr – ein Grund, dorthin noch einmal zu fahren und das Fotografieren zu üben.

Sehr an mein Herz gewachsen sind mir die kleinen Puschel – die mit individuellen und modischen Kleidchen  … mal zu Fuß, mal im Arm tragend … stolz ihren Weg beschreiten. Das hätte ich nie für möglich gehalten. Früher waren das für mich keine Hunde und die Besitzer dazu irgendwie mehr oder weniger gestört. Heute spüre ich ihre Liebe und empfinde darin Kultur der besonderen Art. So einen kleinen Puschel will ich auch haben und ich will in der Sonne des Südens sitzen, die Straßenmusikanten hören und darauf vertrauen, dass mein Puschel das coolste Kleid von allen trägt!

Das ist der kleine Puschel einer Reinigungskraft. Sie muss warten, bis Mutti fertig ist und ihrem  Gesichtsausdruck ist zu entnehmen, dass sie  ein wenig in Sorge ist, vergessen zu werden!

Aber das absolut Genialste ist „Pepe“. Ich habe Sehnsucht! Pepe lebt in einem kleinen Hunderudel mit seinem Boss und mit Bruno, dem Meerschweinchen. Wenn ich dieses harmonische Miteinander  vor mir sehe, frage ich mich, ob es sich gelohnt hat, sich derart "kaputt" gemacht zu haben, für eine Rente, die wenig Spielraum geben wird. Ich bin unsicher geworden.

Ja, ich habe mit einigen Menschen dort vor Ort gesprochen. Sie sagen im Grunde alle das Gleiche: irgendwann ist die Sonne aufgesogen und die Harmonie nicht mehr zu spüren. Wie dann weiter : Jeder Mensch braucht eine Aufgabe - was kann das sein?

Für Pepe ist es sein Ball - für seinen Boss die Herstellung von Lederarmbändern - Bruno hat da scheinbar  weniger Ansprüche. Er rennt, sonnt und genießt seinen Blumenkübel und das reicht ihm!

Ich habe heute Oskar adoptiert – wir schreiben den 19. Januar 2015 und ich habe lange überlegt! Ich bin mit ihm zum Tierarzt gefahren und habe ihm gesagt, dass ich alles abblase, wenn er anfängt hier den Affen zu machen!  

Er hat sich eher vorsichtig in meinem Arm fallen lassen– er hat sich ins Ohr und in den Mund schauen und alle Impfungen über sich ergehen lassen und irgendwie war er mein Held – ein würdiger Nachfolger von Fredrik.

Ich habe nun wieder „ Mädels und einen Kater, der über alles wacht“! 

Nun - im Moment verschläft Oskar  den Tag und verlangt abends hinaus zu gehen.  Das mit dem "Wachen" müssen wir noch ein wenig üben!


Heute komme ich nach Hause – Oskar hat ins Bett gekotzt. Ich setze mir meine Brille auf und schaue mir den Mageninhalt an: Nun, ein Vogelbein … sehr schick! Das Ganze eingebunden in unzählige  Spulwürmer: Ich schäme mich und entschuldige mich bei meinen Katzen!

In all den Jahren, in denen ich für meine Katzen lebe, ist das nicht passiert: Sie haben Flöhe und Würmer! Ich bin mit allen zum Tierarzt … eine Rechnung, die ich verdient habe!

NEIN – NEIN - NEIN 

Nun bin ich eine Woche zu Hause: Eine Woche, die irgendwie nicht bei mir angekommen ist!

Ich versuche klar zu kommen und mir zu sagen, dass ich nun wieder funktionieren muss. Aber ehrlich gesagt, selbst meine eigenen Worte sind „Schall und Rauch“.

Ich schlendere so vor mich hin … in meinen Gedanken und versuche, nur das zu machen, was ich kann!


Eigentlich bin ich auch gerne zu Hause – ich mag meine Wohnung sehr und lebe wirklich ausgefüllt auf dem Hof! Aber diese Kälte brauche ich nicht – ich werde mit zunehmendem Alter ein Sonnenkind und entweder muss ich auswandern oder aber zumindest hier wegziehen … irgendwohin, wo mich ein Kamin wärmt. 

Ja, heute habe ich viel an der Vogelfutterstelle gesehen: Es sind bestimmt 10 Bergfingen da, nebst allen anderen Finken … Buch und Grün und wie sie denn alle heißen mögen. Der kleine Buntspecht, die Kleiber, das Rotkehlchen, die Amseln und unzähligen Meisen uns auch mein Trupp Eichelhäher!

Ich bin ganz sicher, wenn ich sie nie mehr zu sehen bekäme, wäre ich unglücklich! Also was sagt mir das: Ich bin hier schon ganz gut aufgehoben, aber es ist einfach zu kalt!

… und ich habe keine Lust mehr, beständig Disziplin walten zu lassen. In meinem Kopf bin ich natürlich immer noch die Frau, die sich „die Butter nicht vom Brot“ nehmen lässt – aber in meinem Herzen merke ich, dass ich anfangen möchte, meine eigenen Prioritäten zu setzen.

Kira geht es heute sehr schlecht - ich hatte mich gestern schon gewundert, dachte aber, dass sie sich einfach nur ausruht. Heute morgen nun, hat sie nicht mehr gefrühstückt und verlangt auch nicht hinaus gehen zu dürfen. Ich vermute, dass es mit der Impfung beim Tierarzt zusammen hängt. Die Tatsache, das ich heute arbeiten muss, stresst mich: Ich muss sie alleine lassen und damit geht es nun auch mir schlecht!

Als ich nun am Abend nach Hause komme, liegt Kira noch immer  platt wie eine Flunder auf dem Sofa. Aber sie reagiert auf mich, als ich anfange sie zu kraulen. Gott sei Dank!

 

Ich hatte heute Morgen noch bei der Tierärztin angerufen und nach gefragt, ob dieser Zustand mit der Impfung zusammenhängen kann. Sie hält das für nicht ausgeschlossen und denkt, dass es morgen aber wieder gut sein müsste. Na – will ich das abwarten.

Ich kann Krankheit nicht ertragen.

Bei mir geht sofort irgendein Film ab und ich muss mir  mega konzentriert sagen, dass es  nicht der richtige Augenblick ist, um in Panik zu verfallen.

Heute hat es ein paar Schneeflocken gegeben: Winter! Ich brauche das wirklich nicht.

Am nächsten Morgen ist Kira so schwach, dass sie den Kopf nicht mehr heben kann oder mag! Ich habe Wochenenddienst: Was soll ich tun – habe doch gar nicht die Zeit, mich jetzt mit Kira zu beschäftigen. Ich gehe erst mal Duschen!!!

Nein – ich werde mir dieses Elend nicht länger ansehen. Kira braucht einen Arzt, ich rufe Sonntag früh an und fahre mit ihr los! Sie hat über 41 Grad Fieber – ich bin eine blöde Kuh!!! Hätte ich nun nicht reagiert und hätte ich meinen Dienst  weiterhin für wichtiger befunden, dann wäre Kira möglicherweise im Laufe des Tages gestorben! Was habe ich mir dabei gedacht! Die einzige Erklärung, die ich dafür gefunden habe, ist die, dass ich mich nicht damit beschäftigen wollte. Es ist so, wie wenn Menschen unangenehme Post in den Mülleimer oder in die Schublade schmeißen und sie dann für erledigt halten.

Es tut mir so leid für mein Mädchen!

Als Oskar kurze Zeit darauf ähnliche Symptome zeigt, kann ich sofort reagieren.

Nun  habe ich große Angst, dass Minka sich auch noch angesteckt hat. Es ist ein komisches Gefühl – ich habe Momente, da muss ich ihr ständig an den Ohren herum fummeln, um fest zu stellen, ob sie Fieber hat. Sie ist schon komplett genervt.

Und dann gibt es wieder Augenblicke, in denen ich sie gar nicht anschaue  - mein Hirn sagt, bitte, schaue nach Minka und dann verlaufen sich meine Gedanken im Sand!

Ich sehne mich nach Harmonie mit meinen Mäusen – danach, dass wir alle zusammen im Bett lümmeln und dass jeder seinen Platz hat! 

Heute fahre ich nach Berlin – mit Ali in die afghanische Botschaft!

Ich hatte ihn gebeten am Wochenende zu mir ins Büro zu kommen, um den Antrag für seinen Pass auszufüllen. Kein Ali kam!

Montagabend telefonieren wir und ich erinnere ihn an unsere Verabredung. Ja, ich war genervt – musste ich doch meine Mäuse über so viele Stunden alleine lassen und hätte ich doch den Eindruck gewinnen können, das mir der Pass für Ali wichtiger ist, als für ihn selbst.

Da könnte ich doch auch zu Hause bleiben!

Dienstag 6:00 Uhr: Ali schläft – ich wecke ihn und habe schon Mühe nicht ärgerlich zu werden. Ali, was ist mit dir los? Du hast so sehr geweint, weil du keine Papiere hast – jetzt haben wir die Chance alles gut zu machen und du schläfst!

Ali entschuldigt sich tausendmal!

War es Ali da so gegangen, wie mir mit meinen Mäusen!

Wir starten und ich fühle mich neben ihm ganz wohl – mein Ärger ist in wenigen Minuten verraucht.

Ich sage ihm, dass in der Botschaft kein Deutsch gesprochen wird und er sich dort alleine „durch kämpfen“  muss – natürlich bin ich aber an seiner Seite und helfe, so gut es geht.

Ich spüre seine Angst, aber mutig sagt er „OK“! Mir ist auch nicht so wohl. Weiß ich doch, welchen Respekt sie vor dieser Botschaft haben.


Den Weg zur Botschaft finde ich ganz gut. Es kostet mich Kraft, mich auf das zu konzentrieren, was ich hier vorhabe. Berlin – Kaiserdamm – Spandauer Straße – Kurfürstendamm – Charlottenburg!

Noch immer …  nach so vielen Jahren, habe ich dazu einen Bezug. Kurz denke ich darüber nach, bei Omi auf dem Friedhof nach dem Rechten zu sehen. Aber, ach Blödsinn – Gela hat das gut im Griff – Omi, trotzdem fehlst du mir so sehr!

Wir fahren weiter und kommen in der Botschaft an!

Ali ist in großer Sorge – das spüre ich. Ich baue mich stärkend neben ihm auf! Es kommt zu Schwierigkeiten – ich soll mich in Englisch verständigen – mein Stress wächst!

Aber, das genau sind die Momente, in denen ich abhebe – Ali bekommt seinen Pass!

 

Wenn du in Hamburg in die Ausländerbehörde kommst und das „Vergnügen“ hast in den zweiten Stock gehen zu dürfen, dann sitzt du stundenlang mit unzähligen Menschen vor einem Aquarium, in dem irgendein Film läuft. Anfangs dachte ich, dass da tatsächlich irgendein Hirn glaubt, mit diesen Bildern, Menschen…  die hier ihr Asyl eingereicht haben … zu beruhigen.

Für mich ist es so, dass ich mich fast schon auf den Anblick dieses Aquariums freue   …. allerdings, nach der ersten Stunde geht es mir auf die Nerven und schürt eher Aggression!

Heute sitze ich in der afghanischen Botschaft – hier läuft kein Film, sondern der Fernseher. Der Warteraum ist komplett voll.

Ich kann kein Wort verstehen. Meine Augen folgen Ali – wo gerät er in Stress?

Aus dem Fernseher – es ist mittags…  schreien Frauen – ich bin nicht sicher, ob ich überhaupt schauen möchte, was da los ist.

Irgendwann kann ich es nicht mehr aushalten  - die Schmerzensschreie sind so übermächtig.

Sie zeigen die Folter eines jungen Mannes …  der kurz vor der Bewusstlosigkeit ist.

Ich bin fassungslos – die Kinder sitzen hier und schauen sich diese Folter an, wie wir uns hier Werbung ansehen.

Die Bilder lassen mich den ganzen Tag nicht mehr los – aber für die afghanischen Leute, die da saßen, war es wohl Alltag.


Es ist schwer fremde Kulturen zu verstehen   !!! 

Wie schrecklich, wenn sich zwei Menschen mögen und es keine Möglichkeit der Verständigung gibt! 

... und wieder beginnt ein neuer  Abschnitt – das Irrenhaus lebt!

Meine Mäuse haben sich erholt und es geht uns gut. Oskar war heute über den Tag draußen und ich hoffe sehr, dass er sich nicht „am Buffet“ bedient hat.

Es schneit irgendwie weiter – zerfällt alles in Matsche und versucht es am nächsten Tag noch einmal.

Ist nicht meins – ich bekomme das Gefühl für die Sonne weder aus meinem Kopf noch aus meinem Körper. Ich würde mich so sehr freuen, etwas von Helena zu hören – aber nein … sie antwortet nicht!

... und wieder tobt das Chaos auf der Autobahn. Die A7 Richtung Hamburg ist zwischen Bispingen und Egestorf gesperrt – da wird sich wohl ein LKW  in die Leitplanke geworfen haben. Ich hoffe sehr, dass keine Menschen zu Schaden gekommen sind.

Ich fahre Egestorf von der Autobahn  und fahre über Schleichwege nach Hause. Als ich meine Paula ins Bettchen fahre und aussteige, höre ich die Martinssirenen von der Autobahn – da ist richtig was los!

Im Irrenhaus geht es heute einen ruhigeren Weg und ich atme etwas auf!

Minki und auch Oskar haben beständig mein Lederarmband von „Pepe“ in der Schnut – es muss mega gut riechen – ich habe es ihnen heute weg genommen. Ganz sicherlich geht Pepe jeden Tag megawichtig schwanzwedelnd an den Strand – aber ich kann ihn nicht mehr sehen. Meine einzige Erinnerung  ist das Armband und das möchte ich mir nicht vor lauter Liebe von Oskar und Minka kaputt schmusen lassen.

An der  Vogelfutterstelle hat sich inzwischen ein großer Schwarm Bergfinken angesammelt. Diese Vögel sind so schön – aber hier ist das Wetter einfach zu dunkel, als das ich ans Fotografieren denken könnte. Wie schade! Am Wochenende soll ein wenig die Sonne scheinen – vielleicht baue ich alles um und mache ein paar Bilder!?

Seit gut 14 Tagen  suche ich die Grünfinken – sie waren in großer Anzahl vor Ort. Leider wurde einer ihrer Kumpanen getötet – es war nicht Oskar… hier auf dem Dorf, stromern immer irgendwelche fremden Katzen herum – aber die Grünfinken sind weg  - das tut mir leid!

 

Ich fühle mich absolut scheiße!

Wochenende - zwei Tage … ganz sicherlich nicht ohne Arbeit … aber ganz sicherlich ohne Stress!

Heute habe ich darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn ich  mein eigenes Flugzeug hätte, mit dem ich zum Partyvergnügen Samstag auf die Kanaren fliegen könnte. 5 Stunden bin ich da – ist doch machbar!

Ich würde zunächst an den Strand gehen und Pepe besuchen, dann würde ich den Hund vor dem Wäscheständer begrüßen – ich würde meinen kleinen Puschel bei der Suche nach seinen Fischen anfeuern – mich mit meiner Freundin  in die Sonne legen und Abends mit meinen Freunden durch die Nacht tanzen. Am nächsten Tag würde ich gegen Nachmittag wieder nach Hause fliegen.

Aber … leider bin ich nicht reich!

Nun, wie denn jetzt weiter? Heute war das Wetter so toll, dass ich Lust bekommen habe im Wendland nach den Singschwänen  zu schauen. Vielleicht klappt das ja.

Meinen Süßen geht es gut – sie streiten derzeit um die Fensterbank. Eigentlich können da ungestört nur zwei Katzen liegen – aber heute hat Oskar erstmalig Kira den Fensterplatz streitig gemacht und Kira ist verwundert. Was mache ich jetzt? Oskar sagen, dass er da nicht liegen kann – das wird nichts! Ich überlege, wie ich auf der Fensterbank einen dritten Platz bauen kann.

Eine Möglichkeit wäre, alles von der Fensterbank weg zu räumen und sie komplett mit Schaumstoff und Decke zu belegen. Dann müsste ich abwarten, wie sich „die Liegeordnung“ entwickelt.

Ja – so werde ich es machen. Im Frühjahr sind die Plätze dann ohnehin leer. Nur meine Minka weicht mir zu keiner Jahres – oder Tageszeit von der Seite.

Im Irrenhaus bewegen sich die Dinge. Die letzte Woche war bewegt. Ich habe manchmal Sorge, nicht folgen zu können: „Erfahrung gegen Jugend“! Ich kann nicht aufhören diesen Gedanken zu bewerten! „Jung sein“ ist eine Zeit im Leben eines jeden Menschen – es ist der Aufbau, die Grundlage …

Für das Alter braucht man eine gehörige Portion an Selbstsicherheit!

An manchen Tagen habe ich sie nicht!

Ich brauche den Mut… mir zu erlauben…  Dinge nicht zu können – manches nicht zu verstehen und vieles mit anderen Augen  sehen zu dürfen.

Ich sehe so viele Dinge mit anderen Augen!!!

Heute Nacht wollte ich in die Sonne fliegen - leider habe ich nicht rechtzeitig die Abflughalle der Lufthansa gefunden und so ist der Flieger ohne mich gestartet.

Ein bewegter Tag … bis in die Abendstunden!

Seit einigen Tagen habe ich ein fremdes Gesicht auf der Terrasse, das interessiert an unserem Leben teilzunehmen scheint. Gestern – oder war es auch schon der Tag davor – ich erinnere es nicht mehr, habe ich mich nicht getraut Oskar über Nacht laufen zu lassen – weil ich Sorge hatte, das es einen Katerkampf gibt.

Ich habe Ende des letzten Jahres auf dem Feld hinter der Scheune einen Katzenkadaver  gefunden. Der war eindeutig im Kampf gestorben – kein schöner Anblick! Einige Zeit hat mich die Frage beschäftigt, wie er zu Tode gekommen ist. Vielleicht ein Fuchs – aber warum sollte ein Fuchs einen Kater angreifen. Also nein, ich habe keine Erklärung für dieses Bild gefunden.

Als Nächstes ging mir durch den Kopf, wer dieser Kater wohl  ist. Das war ja nun nicht mehr gut zu erkennen – aber ich konnte sehen, dass es nicht das Mädchen ist. Ich hätte mir vorstellen können, dass es  Minkas Sohn ist.

Aber- nun bin ich geneigt zu denken, das  Minkas Sohn auf der Terrasse ist.

Ist ja auch eigentlich egal –  dieser Kater scheint irgendwie in sich zu ruhen und ich fange an mich für ihn zu interessieren.

Aber ich will keine Tiere mehr! Ich will unabhängig meinen Weg gehen und  mich für nichts und niemanden mehr verantwortlich fühlen.

Woran merkt man dass man alt wird? Daran, dass die Kinder erwachsen werden!

Ich erinnere mich genau an die Zeit in meiner Kindheit: Mein Gott, bist du groß geworden – wie alt bist du heute eigentlich! Stolz verkündete ich mein Alter.

STOLZ

Heute bin ich DIE Frau, die da mehr oder weniger berührt vor einem Menschen steht und sagt: Mein Gott, bist du groß geworden – wie alt bist du heute eigentlich?

Die Antwort erfüllt mich nicht unbedingt mit Stolz – eher denke ich, dass kann doch gar nicht sein!


Morgen hat meine Lieblingsschwester Geburtstag! Ich wünschte, alles liegen lassen zu können und bei ihr zu sein … an diesem Tag. Ich sehe sie noch aus der Klinik kommen … in einem flauschigen Kissen, das meine Mutter 5 Stockwerke bis zur Wohnung in der Schillerstraße hoch trug. Der Fahrstuhl war mal wieder kaputt.  Wir waren alle so  aufgeregt – ich sah sie zum ersten Mal. Irgendwie war sie ein bisschen dicklich und rot im Gesicht – aber sicherlich war das so in Ordnung. … und ja, im Laufe ihres Lebens hat sie Gestalt und Form angenommen und sich eine normale Gesichtsfarbe zugelegt. Ich habe sie gerne um mich herum und bin stolz, auf das was sie in ihrem Leben bewegt und geschaffen hat.

…und auch mein Bruder hat morgen Geburtstag. Sein Start ins Leben war eher schwierig, aber er hat schon als Baby offenbar Lebenswillen gehabt und hat es geschafft.

Tina hat mich zu ihrem Geburtstag eingeladen, wann immer ich kommen kann! In meinem Kopf tobt Arbeit -  in meinem Herzen lasse ich den Mist liegen. Ich bin gespannt, was  letztlich an Kraft bleibt. 

Meine geliebte Schwester

Mein geliebter Bruder


Im Irrenhaus muss ich mich jeden Tag „aufbauen“ – ich bin ein Löwe oder Tiger … wurscht, Hauptsache mir fällt etwas ein und ich

kann deutlich machen, wo meine Grenzen sind!

Darf man ja heute nicht mehr so laut sagen.  Lass uns also in Zukunft schweigen oder doch zumindest sehr leise sprechen

Guten Tag, wann darf ich ihren Arsch lecken  - es wird mir ein Vergnügen sein.


Ja – was soll  passieren  – sie benötigen einen Dolmetscher … sehr  gerne! Augenblick  … ich springe!

Nun … sie haben vollkommen recht…  der arme Kerl – geflüchtet … er ist  traumatisiert … benötigt  jede Hilfe!

 


Ich denke, dass ich zu alt sein werde, wenn der Tag kommt, an dem diese Gesellschaft oder Politik das Ruder zurück dreht

Samstag – ein wirklich schöner Tag – die Sonne wärmt bereits ein wenig. Das letzte Mal als ich bewusst mein Gesicht in die Sonne hielt, ist noch gar nicht so lange her. Es ging mir nicht gut – hatte  ich doch an diesem Tag  den Glauben an mich selbst beinahe  verloren … bin ich auf ungeheuerlicher Art und Weise in die Realität geredet  worden … Scherben!

Aber ich war auch unendlich traurig, wieder in das triste Einerlei meines Alltags zurück kehren zu müssen.

Insgesamt der furchtbarste Tag in diesem Jahr !

Dennoch wie schön … die wärmende Sonne! Ich brauche heute ein bisschen bis ich in den Tag starten kann. Unendliche Müdigkeit  - die Knochen schmerzen wieder sehr! Ja, die letzten Tage musste ich mich bereits wieder im Irrenhaus am Treppengeländer hoch ziehen um ins Büro zu kommen. Jetzt reicht es mir – habe seit 3 Tagen D3 hoch dosiert genommen und es wird besser. Diese ganze Scheiße nagt an mir sehr – das verkackte Knie, das sich einfach nicht schmerzfrei bewegen möchte – das Bein, das zu kurz ist und das Hirn, das so tut als würde es sich im Alzheimer Rausch langsam aber sicher auflösen.

Als ich nun endlich halbwegs sortiert im Tag angekommen bin, zwinge ich mich ein paar Schritte zu gehen. Ich fahre in die Behringer Heide. Jedes Mal wenn ich Paula auf dem Parkplatz abstelle, drehe ich mich um und suche  auf dem Rücksitz meine  Klara. Es braucht einen Moment um wieder in der Realität anzukommen und meinen Weg ohne die Maus fortzusetzen.

In der Heide ist es total still – ab und an mal eine kleine Meise … ein Specht – ansonsten nichts! Das tut mir gut – ich mag keinem  Menschen begegnen und mir überlegen, wie ich ihm auf dem schmalen Heideweg ausweichen könnte. Auf halber Strecke höre ich einen Trupp Kraniche, bevor ich sie sehe. Da geht mein Herz auf – endlich kommen sie zurück und hauchen  dem neuen  Jahr Leben ein.

Den Rest des Nachmittags habe ich mit Oskar im Arm schlafend auf dem Sofa verbracht. Ach – das das gut!

Es ist schon sehr wichtig - irgendwann los zu lassen und sich auf sich selbst zu besinnen!

Heute war ich bei mir und nichts und niemand - außer vielleicht meine kleine Erkältung - hätte mich beeindrucken können.

Wie erklärt man eigentlich einem jungen, nicht deutsch sprechenden Flüchtling, was  Quark ist? Nun , es ist weiß - man isst es mit einem Löffel. Wenn ich mich für einen Augenblick über das "r" hinwegsetze, sind es die Laute eines Frosches! Der Frosch ist schnell gemalt. Nicht auf den ersten Blick zu identifizieren - aber irgendwann kommt man der Sache näher ... Jupp. er lebt im Wasser. Das ist das Zeichen verstanden worden zu sein. Quak - Quak - Quak!

Wenn du am Ende des Tages gefragt  wirst, ob du Frösche isst, dann weißt du, dass du zum Einen die Intelligenz deines Flüchtlingskindes nicht unterschätzen solltest und zum Anderen, dass die Übersetzungsversuche misslungen sind!

Was bleibt? Einfach mal nur der Spaß!

Ich bin dabei mich wieder zu finden - das braucht einen Augenblick!

Wenn ich über einen längeren Zeitraum hier nicht schreibe, dann liegt das daran, das ich  keine Möglichkeit sehe, das zum Ausdruck zu bringen was ich denke . Ich bin über weite Strecken nur noch desillusioniert und frage mich, wo und wie kann ich mir ein neues Standbein aufbauen?

Diese Woche begleiten mich Eindrücke, die ich bislang in diesem Ausmaß nicht kennen gelernt habe! Die letzte Nacht war kurz - so viele Bilder tobten in mir!

Die muslimische  Welt ist aus dem christlichen Weltbild eigentlich nicht zu verstehen.  Wenn du dich dennoch auf den Weg machen willst, musst du dich durch entsetzliche Bilder arbeiten:

Kinderpornographie, Vergewaltigung, Ehrenmorde  und Perversität, wie ich sie mir nicht vorstellen kann.

… du stehst vor Kindern, die durch dieses Leid gegangen sind – die keine Regung mehr im Gesicht erkennen lassen.

Was kannst du tun?

Wenig – du kannst sie mit ihrem Schmerz tragen und versuchen ihnen ein Gefühl von Sicherheit zu geben!

Im schiitischen Glauben  gibt es keine Beratungsstelle – missbrauchte Menschen sind „schmutzig“ und sie haben keine Ehre mehr.

Die Mädchen verbrennen sich – die Jungs werden verstoßen ...  viele  bringen sich ebenfalls  um.

Ahmad – warum hast du mir davon nie etwas erzählt!

Ein Jeder sucht nach seinem Weg!

Heute morgen war mein Kranichpaar aus der Lüneburger Heide (Döhle)  zu Besuch in Hörpel. Sie standen ganz dicht an der Straße ... leider hatte ich keine Zeit ... ich musste zur Arbeit!

Am Abend wollte mich Lilly besuchen - sie hatte große Angst ... ich auch!

Lilly machte einen sehr unglücklichen Eindruck und das kann ich ja nun gar nicht leiden. Aber ich will keine junge Katze mehr - ich will irgendwann unabhängig sein. Viele Jahre in meinem Leben habe ich nach meinen Tieren ausgerichtet. Ich weiß nicht ... vielleicht würde ich mir in kurzer Zeit  doch wieder "meine Tiere" anschaffen. Aber im Augenblick denke ich, das ich mich einfach in mein Auto setzen möchte und irgendwo hin fahre, wo ich es schön ist und wo ich sein möchte.

Ja sicher - meine Igelstation oder gar mein kleiner Hühnerhof mit ein paar Schafen, Ziegen und einem Hütehund und selbstverständlich einigen Katzen, die über alles wachen!

Aber alles Blödsinn - in den letzten  Jahren habe ich begriffen, das ich ein armer Schlucker bin und einen solchen Hof nicht finanzieren kann und ich habe Sorge entwickelt, dass ich auch keiner Igelstation gerecht werden kann. Ich müsste begreifen, dass ich nicht jedem Igel helfen kann - ich müsste meinen Blick vor den überfahrenen Tieren wenden - sie Sterben so unnötig!


Selbst meine Vögel bereiten mir allmählich Sorgen. Christhard haut die  Büsche ab, die sie als Schlaf- und Brutplätze brauchen, lässt nur noch irgendwelche Stümpfe stehen und fühlt sich dabei offenbar noch als Gönner dieser Welt - mauert den Einflug zu ihren Nestern zu oder verschließt Nischen in Holztüren, die ihnen eine erfolgreiche Brut ermöglichen würden. Das Brüten der Starre wird durch Schreckschussmunition verhindert und die Regenrinnen werden mit Kaninchendraht "nestsicher" zugemacht.

Kraniche werden bekämpft, weil sie auf den frisch gepflügten Feldern nach Nahrung suchen, der Graureiher wird zur Konkurrenz für den  Fischer. Die Krähen haben in  den Augen der Menschen keine Daseinsberechtigung.

Die Störche werden abgeschossen  - ihre Köpfe werden als Schmuck am Gürtel getragen und spätestens,  wenn ich auf einer Speisekarte "Vogelsuppe" lese, ist das Maß dessen , was ich ertrage  ... voll!


Was also - nein - womit also ... gebe ich zukünftig meinem Leben einen Sinn!?

Ich habe Fehler gemacht - werde mich hier in der nächsten Zeit nicht mehr melden. Vielleicht habe ich Bock auf der Storchenseite weiter zu machen ... das wäre o.k.  Aber das Tagebuch ist nun zu Ende und die Freizeitseite werde ich in der nächsten Zeit nicht mehr öffnen.


In Würde einen Teil des Lebens loslassen


Rückblick

Mein Arbeitsvertrag vom  1.Juni 1990.

Ich hatte damals mein Studium an der Hochschule für Wirtschaft und Politik beendet.  Eine gute und wichtige Zeit in meinem Leben - nicht unbedingt im Arbeitszusammenhang, aber für mich persönlich die wichtigste Erfahrung  meines Lebens. Hatte ich während meiner Kindheit und Jugend eher gradlinig konventionell mich den Bedingungen der Zeit und den Anordnungen meiner Lehrer untergeordnet - so war die Zeit der HWP eine Zeit in der ich lernte zu Denken, mir eine Meinung zu bilden, mit zureden - gemeinsam auf die Straße zu gehen und Fahnen zu schwingen - nieder mit dem Kapital, im Kampf gegen die  Bonzen und Kriegsverbrecher. Marx und Engels waren cool - ich bin sicher, dass nur ganz wenige ihr Manifest der Kommunistischen Partei verstanden haben (mich eingeschlossen), aber alles was nicht zum Warmduscher gehören wollte, rief zum "internationalen Klassenkampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie auf, um den Kommunismus als klassenlose Gesellschaft" zu propagieren.

Damals schrieb ich meine erste Arbeit zu Clara Zetkin, Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und wie all die klugen Köpfe  hießen. Zetkin hatte eine Freundschaft zu Lenin aufgebaut - sie war Mitglied der Kommunistischen Partei. Wenn eine solche Frau, dies für "Gut und Richtig" befand, dann hatte da kein Argwohn  Platz. Heute würde ich sehr wahrscheinlich mein Augenmerk etwas mehr rundherum schweifen lassen -  eine Freundschaft zu Lenin mutet mich merkwürdig an!!!

Aber darauf kommt es jetzt nicht an - es geht mir hier nicht um Wahrheit - es geht mir darum, Empfindungen, Gedanken und Alltag aus dieser Zeit noch einmal ein wenig aufleben zu lassen.

Etwas verunsichert stand ich zu den Taten  des 2. Juni's oder der RAF. Da gab es eine Handvoll Menschen, die sich nicht vom neuen Rechtsstaat einvernehmen ließen. Das beeindruckte mich sehr. Aber ihre Mittel wurden so krass, dass ich nicht mehr folgen konnte. Ich begann mich damals mit den Lebensläufen der Terroristen  zu beschäftigen und war erstaunt feststellen zu müssen aus welch idyllisch und scheinbar harmonischen Familien sie zum Teil kamen.  Vielleicht war auch ihr Zuhause eine "Scheinwelt" - ein andere Erklärung habe ich für diese Aggressionen nicht gefunden.

 

Rückblickend muss ich  über meine Reden und Taten fast schmunzeln. Aber was soll's : Ohne die mutigen  Frauen, wie einstmals z.B. Alice Schwarzer (die, ich heute offen gestanden auch ein wenig belächeln muss) hätte es das Thema Gleichberechtigung und  Befreiung für Frauen  in dieser Form nicht gegeben. 

 

All das was mich damals beschäftigt hat - lag nicht unbedingt in zeitlicher Abfolge. Manches war 10 Jahre her und manchen sollte vielleicht auch erst noch passieren. Aber ganz grundsätzlich habe ich die Zeit für mich genutzt um aufzuatmen und aus den  Strukturen eines öden, langweiligen Lebens heraus zu kommen. 

 

Das war für mich ein Meilenstein - angesichts der Armut, aus der ich kam. In meiner Welt war das Studieren von irgendwas, den Reichen überlassen. Unsereins musste was "Handfestes", was "Richtiges" machen, man sollte sich absichern ... nie weißt du, wie die Zeiten noch kommen würden, wie sie waren ... wussten wir - das sollte nie mehr geschehen. 

 

Meine Mutter hätte mich so gerne in einer Bank gesehen oder als Beamtin, irgendwo wichtig hin und her rennen. Man stelle sich vor!  Auch wenn ich vom Klassenkampf  vielleicht nicht sofort gehört hatte, so wusste ich bereist als Kind, dass für mich niemals ein Beruf in Frage käme, bei dem ich "Arschlecken" muss, um Bestand zu haben. 

Ich kann bis heute nicht genau sagen, wie ich schon als Kind diesen Widerwillen  so stark entwickeln konnte. Es mag sein, dass einem solchen Gefühl, viele  Verletzungen und Enttäuschungen voraus gegangen sind. Möglicherweise musste ich erfahren, dass gerade die jenigen Menschen, die es "zu etwas gebracht" hatten, ihre Machtposition häufig ausnutzten. Eine kurze Zeit hatte ich vor sehr , sehr langer Zeit in einem Katholischen Kinderheim gearbeitet - die Bilder dort, haben sich bis heute in meinem Kopf eingegraben. Wie einfach schien es  diesen Pinguinen zu sein, den  ihnen untergeordneten und anvertrauten Menschen weh zu tun, sie zu demütigen und zu verspotten.

Auch war ich  als Kind - noch weit vor Schulantritt-  mit den unvorstellbaren Zuständen eines Kindergartens konfrontiert. Auch hierzu gibt es Bilder in meinem Kopf, die zwar im Laufe der Zeit verblasst sind, die aber im Leben unvergessen sind und bleiben.

 

Allein meine Unabhängigkeit, meine Flexibilität  - der Mut, dieses Studium  umzusetzen und es auch noch zu schaffen, lösten in mir den größten Stolz meines Lebens aus.

Mein Abschlusszeugnis bestand ich mit 1,8 - in Sozialpolitik hatte ich meine Eins. Ein wenig versaut habe ich mir die Note durch eine 3,0 in Arbeitswissenschaften. Das war doof - ich erinnere aber nicht mehr, was ich da veranstaltet habe.

 

... und ganz sicherlich, hat mich diese Zeit auch in meinem Denken geprägt. Nichts erinnere ich konkret und dennoch habe ich noch heute einen Blick auf die Dinge, die ganz klar ihre Wurzeln im Studium der Soziologie an der HWP haben.

 

Aber auch diese Zeit ging vorbei, das Geld wurde knapp - die Schulden drohten zu explodieren.  Ich musste wieder einen Job suchen. Offen gestanden, tat ich das halbherzig. Ich hatte Glück: Jesus lief mir über den Weg und stellte mich gegen den Willen seiner Mitarbeiter mit einer halben Stelle ein.

 

Clara Zetkin

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                            Clara Zetkin und Rosa Luxemburg


April 1985 Studium an der HWP mit Schwerpunkt Soziologie - Oktober 1988 Aufbaustudium im sozialökonomischen Projektstudiengang.  Meine erste Hausarbeit   "Marginalisierung Afrikas im Welthandel - ökonomische und soziale Auswirkungen" wurde mit 1,0 bewertet.

Da mir ab September 89 die weitere Finanzierung durch das Bundesausbildungsförderungsgesetzes nicht mehr gewährt wurde und ich bis zu diesem Zeitpunkt bereist 43.830  DM Schulden  beim Bundesverwaltungsamt  hatte, entschloss ich mich schweren Herzens zum Abbruch des Studiums. Sehr ärgerlich an dieser Geschichte war, dass mir ein Nachlass meiner Schulden in Höhe von 20.600,10 DM gewährt worden wäre, wenn ich in der Lage gewesen wäre, den gesamten Betrag in einer Summe zurück zu zahlen.  

… und da war sie wieder: Die Schere, die da Reich von Arm trennen sollte. Egal, ich habe zu keinem Zeitpunkt jemals eine DM oder auch nur einen Euro hinter her geweint.                                    

     

Anfang der 90iger begann ich ein weiteres Studium an der Fachhochschule im Bereich Sozialpädagogik. In der Zwischenprüfung  hatte ich in Erziehungswissenschaften tatsächlich eine "Eins" - wusste ich gar nicht mehr.

 

      

Meine Festtagsschrift im Orginal

Lieber Leser

Der Blunaverein wird 100 Jahre alt. Auch wenn unsere Jugendwohnung noch nicht auf so viele erfolgreiche Jahre zurückblicken kann, darf sie natürlich als Einrichtung des Blunavereins nicht ungenannt bleiben:

Alternative Betreuungsformen als „Befreiung vom Heimalltag“ entwickelten sich bereits vor der Dezentralisierung Ende der 80iger Jahre – ihr Leitgedanke war  Stigmatisierungsvorgängen und  Ausgrenzungsprozessen entgegen zu wirken. In der Diskussion standen Themen  um lebensnahe Betreuung,  um Milieunähe und Verselbstständigung.

Der Blunaverein hat diese Entwicklung mit vorangetrieben und richtete eine Außenwohngruppe in der Heimfelderstraße ein, aus der sich dann im weiteren Verlauf die Jugendwohnung in der Winsenerstraße heraus kristallisierte.

Dort waren Plätze für 3 Jugendliche.

So zogen wir –insgeheim mit Bauchschmerzen -  1990 aus der  Haakestraße  aus und fragten uns, ob eine Teilzeitbetreuung von Jugendlichen in einem normalen Mietshaus wohl gut gehen kann. In Bezug auf unsere eigene Arbeitssituation bedeutete der Umzug  ein Vielfaches mehr an Eigenverantwortlichkeit in der fachlichen Betreuung.

Ich konnte mir gar nicht vorstellen, so selbstständig zu arbeiten. Aber es ging – die Jugendwohnung Winsener Straße existierte 16 Jahre.

Im Dezember 2005 lösten wir die Wohnung auf. Der Abschied fiel schwer. Einerseits war die Umgebung der „Juwo“ unsere zweite Heimat geworden – man kannte die Nachbarn gut, war mit den Kassiererinnen vom Supermarkt fast per Du  und wurde von den Mitarbeitern der Sparkasse mit Handschlag begrüßt. Dies alles gab zusätzliche Sicherheit.  Ganz furchtbar war allerdings auch die Tatsache, dass wir auch bei Mitmenschen, die uns nicht so angenehm waren, äußerst bekannt waren.  Es klingelten Menschen an unserer Tür, deren Freunde mit der Freundin ihrer Schwester, die wiederum hier vor 5 Jahren wohnte, Kontakt hatte. Nun wolle man wissen, wer heute in der Wohnung wohne!

Letztlich entschieden wir uns einen Neuanfang zu machen und fanden eine große Wohnung mit 4 Zimmern in der Rotenhäuserstraße in Wilhelmsburg.

Es galt zunächst deutlich zu machen, dass das Wohnen in einer Jugendwohnung aus Sicht der Bewohner nicht als grenzenlose Freiheit missverstanden wurde:

Wir haben als Betreuer den Anspruch, mit  unseren Jugendlichen in Kontakt zu sein und ihr Leben für die Zeit der Betreuung mitzugestalten, um  gesellschaftlich anerkannte Lebensführungen zu vermitteln.

 Die Umsetzung dieses Anspruchs findet unserer Ansicht nach auf zwei Ebenen statt. Zum einen unterstützen wir die Jugendlichen bei der Klärung ihrer Lebensperspektive und in ihren Verselbstständigungsprozessen und zum anderen klären wir mit ihnen ihre Vorstellungen von Freizeitgestaltung und persönlicher Entfaltung. Unsere gemeinsamen Aktivitäten ( Ostseevergnügen, gemeinsamer Bekleidungs-  und Lebensmitteleinkauf, Besuch im Haus der Jugend um Billard zu spielen, Fußballspiel auf einer öffentlichen Wiese im Stadtpark, Schwimmbadbesuche u.s.w.) haben nicht nur Kontaktmöglichkeiten eröffnet, sondern  zielen auch auf die Unsicherheiten unserer jungen Frauen und Männer  im sozialen Umgang innerhalb ihres Lebensraumes ab. 

Die Ausgestaltung unserer Betreuung ermöglicht uns, auf unterschiedliche Art auf alle möglichen Schwierigkeiten zu reagieren; natürlich in Form von verbaler Aussprache über die diversen Themen, aber auch, indem wir uns gemeinsam mit unseren Jugendlichen außerhalb der Jugendwohnung über die bestehenden Spielregeln in der Gesellschaft  (Normen und Werte) auseinandersetzen.

Im Laufe der seit knapp 20 Jahren existierenden Jugendwohnung hat sich mehr und mehr in der Öffentlichkeit das Bild „Jugendwohnung= Mangel an Orientierung und Aufsicht“ verbreitet. Aus meiner Sicht ist diese Einschätzung oft das Resultat ungenauer Recherchen über diese Betreuungsform.

Für mich birgt insbesondere die Konzeption der Jugendwohnung für unsere Bewohner die große Chance, eigene anerkannte Lebensstile entwickeln zu können.

 

Durch unsere geringe Belegungsdichte von maximal vier Jugendlichen und unter dem Blickwinkel, dass der Alltag nicht  vornehmlich von  Versorgungsaspekten geprägt ist, können wir sehr individuell in die Auseinandersetzungen mit den einzelnen Jugendlichen gehen und mit hoher Betreuungsintensität  auf  entstandene Schwierigkeiten reagieren. Natürlich müssen wir aufpassen, dass wir von unseren Jugendlichen nicht auf Nebenschauplätze dirigiert werden. Allein die Tatsache, dass es in der Jugendwohnung keine durchgängige Anwesenheit der Betreuer gibt, verhindert einen Abstecher in die Auseinandersetzung um „Macht und Ohnmacht“, in der der Betreuer auf die Rolle des „Aufpassens und  Saubermanns“ reduziert wird.

 

In der Jugendwohnung haben wir es mit jungen Menschen zu tun, die unterschiedlich lang außerhalb ihrer Familie gelebt haben und die mit wenigen Strukturen ihr Leben „irgendwie“ gemeistert haben. Meine Erfahrung ist, dass gerade diese jungen Menschen sich nicht in ein Korsett von Regeln, Verboten und Kontrollen zwängen lassen. Sie sollen in der Betreuung erleben, dass sie von uns ausgehalten werden – dass wir bereit sind, uns auf sie einzulassen und das wir gemeinsam aushaltbare Strukturen und Absprachen entwickeln, die für sie nützlich sind.

Betrachtern, die mit dem Thema Jugendwohnung nicht vertraut sind, mag diese Sichtweise bisweilen „ungeordnet“ erscheinen. Meiner Meinung nach, ist diese Phase für die Suche nach Identität  und für die Entwicklung eigener Lebensstile unabdingbar. Der junge Mensch ist sich in der Auseinandersetzung mit sich selbst sehr viel näher, als er es vermutlich je in seinem Leben war.

Dies scheint mir  ein guter Schritt in eine befriedigende eigenständige Lebensführung zu sein.

 

 Petra Biermann

 

In Erinnerung

Wenn ich heute an den Blunaverein denke, dann gibt es eine Sicht zurück und eine Sicht nach vorn.

Ich denke, sagen zu können, dass ich mich über meine gesamten Dienstjahre mit einer großer Loyalität, Identifikation und mit hohem Verantwortungsbewusstsein für das Gesamte, sowie für jeden Einzelnen,  den mir anvertrauten  Aufgaben gestellt habe. Ich habe immer versucht mit meinen Leuten in Kontakt zu sein – sie zu verstehen, zu begleiten – einen roten Faden zu entwickeln … ihren roten Faden, der sich aus ihrem individuellen  Lebenslauf abzeichnete. Ich hörte mir tagtäglich ihre Sorgen an,  versuchte Druck zu nehmen. Für mich ist sinnvolle Betreuung nur möglich, wenn es gelingt in Kontakt zu kommen und es ein gutes Abwägen von Aushalten, Eingreifen, Grenzen setzen und gemeinsamen Lachen gibt.

Ich bin über so viele Jahre im Blunaverein geblieben, da mein Arbeitsfeld sehr flexibel und jeden Tag neue Aufgaben beinhaltete, die niemals eine Eintönigkeit oder gar „Betriebsblindheit“ bedeutet haben. Ich erfuhr große Anerkennung  für meine Arbeit und war – so glaube ich – im Allgemeinen eine anerkannte Kollegin innerhalb des Mitarbeiterkreises. Ich war hilfsbereit, immer ansprechbar auch für ungewöhnlichere Projekte – galt es doch für mich immer neue Aufgaben zu meistern. Wie schnell war das Büro ausgeräumt und für andere Dinge zur Verfügung gestellt. Dafür brauchte ich nie irgendwelche Anordnungen oder Diskussionen – machten mir doch neue Wege Spaß und schürten meine Neugier.

Aber natürlich war diese Arbeit zu jeder Zeit anstrengend und wie man heute so schön sagen würde, kein Ponyhof. Es galt häufig, Positionen konsequent zu vertreten und sie ganz nötigenfalls auch durch einen Tobsuchtsanfall des Gegenübers zu lavieren.  Solche Auseinandersetzungen schweißten in der Regel zusammen. Noch heute glaube ich fest daran, dass sie Inhalt einer jeden Betreuung sind, wenn man als Betreuer rote Fäden weiterhin entwickeln möchte. Wir nannten das damals: „ein Gegenüber sein“! „Ein Gegenüber sein“, sowohl im Hinblick auf Grenzziehung, aber auch im Hinblick darauf, z.B. jemanden in vertretbaren Rahmen zu spiegeln, dass er sich vor lauter Selbstmitleid derart im Wege steht, dass ein konstruktives Erarbeiten bestimmter Zielsetzungen kaum möglich scheint. Ich bin mir nicht sicher, inwieweit „ein Gegenüber sein“ heute noch zu den wünschenswerten Eigenschaften eines Mitarbeiters  im Blunaverein zählt.

Erinnerungen:

Damals war es überhaupt keine Frage, dass die Lebensmitteleinkäufe mit unseren Klienten gemeinsam gemacht wurden. Niemand wäre auf die Idee gekommen, nach Bargeld und selbstständigen Wirtschaften zu fragen.  Ich glaube diese Einkäufe wurden fast ein wenig wie ein Ritual empfunden, bei dem es Spaß gab … konnte man doch ungestört zwischen Cola und Zwieback ein kleines Gespräch führen oder dem Betreuer noch eine Extrasüßigkeit aus der Tasche leiern.

An einem Tag – wir kamen völlig beladen mit schweren Tüten vom Einkaufen zurück, fing mich unser Vermieter vor der Haustür ab. Seine Liebe zu mir war so groß, dass er nicht bemerkte, wie mir die Arme mit den Einkaufstüten immer länger wurden und wie genervt alle Anderen waren, weil sie warten mussten.  Herr (…)  hatte sich mal wieder in Rage geredet, fand sich unwiderstehlich und bemerkte nicht, wie sehr er gerade störte. Nun, das war sein Markenzeichen durch unser gemeinsames Schaffen all die Jahre.  

Ich hatte meine Brieftasche mit den Geldern unter dem Arm klemmen und da mir diese drohte weg zu rutschen, legt ich sie mit in die Einkaufstüte – öffnetet die Wohnungstür und trat zur Seite, damit wenigstens die Anderen schon mal hinein gehen konnten.

Nachdem sich Herr (…) verabschiedet hatte und ich meinen Weg fortsetzen konnte, bemerkte ich sofort, dass meine Brieftasche nicht mehr da war. Nun galt es fix zu sein und keine langen Fragen mehr zu stellen. Ich ahnte, wer dafür verantwortlich war und musste schnell handeln, um zu verhindern, dass meine Brieftasche zum Gartenfenster hinaus wanderte. Dazu durfte es weder Zeit noch Gelegenheit geben. Ich ging sehr entschlossen in das Zimmer der jungen Dame, von der ich mir sicher war, dass sie es in einem unbeobachteten Moment – als ich gewissermaßen den Worten unseres Vermieters lauschte – genommen hatte.  Ich kann heute im Detail die einzelnen Schritte nicht mehr wieder geben – aber ich hatte  innerhalb von 10 Minuten meine Brieftasche zurück – das Zimmer war ein wenig in Unordnung gefallen und wies auch sonst so die eine oder andere Spur auf. Das junge Mädchen saß etwas unschlüssig auf ihrem Bett herum und wusste nicht so recht, ob sie lachen oder heulen sollte.

Wenn ich mir heute so eine Situation vorstellen würde, hätte ich nicht nur selber schuld, dass die Brieftasche weg ist – sondern ich müsste mich unzähligen Diskussionen stellen, in wie weit mein Verhalten angemessen war  und nicht als Grenzüberschreitung unserer Klienten gegenüber zu verstehen ist.

Fragezeichen

Projekt- und Prozessmanager, Controller, Mitarbeiterskills - profile und gespräche, Dokumentation und Stundenzettel, Schutzkonzepte, Fortbildungen, Arbeitskreise, Supervision, Ressourcenkarten, Telefongesprächsnotizen, Tages - und Wochenpläne, Kassenbücher , Berichte ............................................................................................ wo sind eigentlich unserer Klienten?

Die Liste ließe sich noch endlos füllen - einiges ist schon alt, gewissermaßen in den Arbeitsalltag irgendwie eingebaut und hat durchaus seine Arbeitsberechtigung. Zumindest vom Prinzip – das heute so ein Kassenbuch eigentlich hinter Glas gehört, weil mittlerweile unbezahlbar – das ist ja eine andere Geschichte!

Vieles ist jedoch neu - insbesondere wird sich für die Erstellung von Mitarbeiterprofilen derzeit ein Verdienstkreuz zugelegt.

Was passiert mit diesem ganzen Papier? Wird es zu Weihnachten als Geschenk an die Jugendämter verteilt, nach dem Motto, welches Schweinerl hätten sie im nächsten Jahr gerne oder versucht man heraus zu finden, wir lange und wieviel Papier angelegt werden kann, bis so ein Archiv voll ist? 

Die letzte - wirklich haarsträubende  Erneuerung - war die Schaffung von Stundenzetteln. Im Ursprung sollte damit - soweit ich mich erinnere - nicht gearbeitete Zeit auch als Solche benannt werden. Alle sollten sich gehörig umsehen  - da sollte es kein Vertun mehr  den "Schlenderianern" gegenüber geben. OH ja, also ich habe mich gehörig umgesehen - diejenigen, die immer ihre Lücken gefunden haben, haben sie auch heute noch. Es wird geschoben, gedrängelt, gemogelt ... was das Zeug hält. Zum Schluss wird die dafür benötigte Zeit, als Arbeitszeit auf dem Stundenzettel vermerkt und gut ist es.

Mitarbeiterprofile: Zeit meines beruflichen Schaffens war es mir wichtig, einigermaßen selbstständig und flexibel meine Arbeit machen zu können.  Es lag mir schon als junge Frau nicht, mein Können auf Papier zu bringen. Ich habe gelernt: „Papier ist geduldig“

Ich habe mich mit all meiner Kraft und mit Herzblut für meine Arbeit geöffnet und habe bewiesen, was in mir steckt. Ich empfinde es als Farce heute Papier ausfüllen zu müssen, auf denen ich schreibe, dass ich verantwortungsbewusst bin und es dreht sich mir der Magen um, wenn ich darüber nach denke, dass ich nicht weiß, was mit all meinen Bekenntnissen geschieht.

Ich weine innerlich bei der Vorstellung, ein solches Szenario nun doch noch mit machen zu müssen. Es kollidiert in hohem Maße mit meiner Arbeitseinstellung und ich glaube, dass Schlimmste ist, dass Bewusstsein, das ich heute mithelfen muss, eine Scheinwelt aufzubauen – die nichts, aber wirklich auch gar nichts über ihre tatsächliche Energie und Willenskraft aussagt.

Eine Situation, die ich aus dem Hause meiner Großmutter allzu gut kannte. Die große Dame von Welt, mit ihrem Pelzmantel (hoffentlich war er nicht echt) ging in eleganten kleinen Schritten mit ihrem Avonköfferchen aus dem Haus. Ging in fremde Familien und ließ sich für die plötzlich über sie hinab geregnete Kinderflut trösten. Alles ist so schrecklich – wie schaffen sie das bloß und sehen dabei auch noch so gut aus!!! Wie sie es schaffte und wer oder was dabei gut aus sah, interessierte in Wirklichkeit niemanden!

Meine Arbeit in jeder Minute, meine Gedanken zu all den Themen, meine  Ideen und Erfahrungen, meine Umsetzung  …. finden auf keinem Papier Platz!

Leider kann ich mit besonderen beruflichen Qualifikationen nicht dienen.  Ich habe die HWP besucht – für mich ein Meilenstein im Leben – für andere Menschen ohne Bedeutung. Es war auch im Übrigen damals nicht die Zeit, in der sich arme Menschen darüber so viele Gedanken gemacht haben. Ich komme aus einer Zeit, in der wir auf den Baustellen in den Abendstunden mit Herzklopfen  Holz für den Winter klauen gingen, damit wir ein bisschen was Wärmendes für den Ofen hatten.  Auch war es mit dem Verreisen und dem Erlernen von Sprachen nicht weit her. Wenn  wir ganz manchmal im Sommer am Grunewald lagen, dann war das wie für die Menschen heute eine Reise nach Australien.

Also ich könnte als besondere Fähigkeit sagen, „ich habe gelernt, zu überleben“!

Schlesische Lotterie ..... und ... hier .... der .... dicke Hauptgewinn!

Nun auch in meiner Kindheit gab es ein paar nette Stunden. Dazu gehörte zweifelsohne die Liebe meiner Mutter zum Spiel. Wann immer es möglich war, wurden die Karten oder Würfel heraus geholt und ohne Zögern ein ganzer Tag "verspielt" . Manchmal wollten wir nur schnell vor Tagesanbruch ein kleines Spielchen wagen - in der Regel haben wir dann aber kein Ende mehr gefunden. Und so saßen wir im Schlafanzug an einem völlig zugemüllten Tisch - irgendein Eckchen ließ sich immer frei legen - und spielten. Essen war dann auch völlig nebensächlich - irgendeine Brühe gab der Küchenschrank schon her und wenn nicht,  dann viel das Essen eben aus.

Furchtbar gerne spielte ich "Schlesische Lotterie" ein Kartenspiel - der Einsatz, Pfennige ... die niemals ausgegeben wurden. Die wurden immer gesammelt und zum Budget für das Spiel aufgenommen. Wenn ich heute darüber nachdenke, dann war es wirklich ein Idiotenspiel - es galt so viele Pfennige wie möglich zu horten, aber man hatte gar keinen Einfluss auf die Gewinnchancen - es war einfach Glück. Aber das reichte mir - der dicke Hauptgewinn belief sich auf 9 Pfennige und wenn meine Mutter langsam die Karte für den Hauptgewinn zog und dann besonders betonend sagte ... und ... hier ... ist ... der ... dicke ... Hauptgewinn - war ich kurz vorm Durchknallen. Sollte meine Karte mit der gezogenen auch noch identisch sein, gab es ein Jubelfest.

Ja, ich glaube - ich habe  gut gelernt, auch zu verlieren und meine Mutter hatte eine tolle Art gehabt, mich zu trösten. Es wurde halt gleich noch mal gespielt und meine Chancen standen wieder bei 100%. 


Aber nicht nur die Zeit der "Schlesischen Lotterie" auch die "Boogle" Zeit Jahre später , bleibt fester Bestandteil in meinem Hirn. Egal was um uns herum geschah - wir ließen uns nicht stören. Eine Tasse Kaffee reihte sich an die nächste und  der Ehrgeiz war unermesslich hoch. Eine schöne Zeit.


Auch im Hause meiner Großeltern wurde gespielt - es fing mit Idiotenskat an, ganz später durfte ich meiner Mutter über die Schulter sehen, wenn es denn im richtigen Skat zur Sache ging. Da wurde viel gesagt, manchmal auch gestritten und Ärger lag in der Luft. Es war die falsche Karte geworfen worden - irgendwer hatte nicht aufgepasst, nicht mitgezählt oder sonst was. Das Skatspiel an sich hat mich immer fasziniert, die Wutausbrüche der Spieler waren allerdings eher angsteinflößend.  


Ja - die Spielleidenschaft unserer Familie habe ich positiv in meinem Kopf abgespeichert. Es hat mich vielleicht immer wieder aufgebaut! Einen Fernseher besaßen wir nicht - obwohl, ich erinnere, dass irgendwann mal einer im Wohnzimmer stand. Der ganze Stolz! Ich war sehr genervt davon - Fernsehen war für mich keine Freizeitbeschäftigung und ich konnte es nicht leiden, wenn diese blöde Kiste lief. Aber mir ist dunkel im Kopf, dass mein Vater dies Thema beendet hatte, indem er ihn in einem Wutanfall aus dem Fenster geschmissen hatte. Da gibt es Bilder in meinem Kopf  ...  jedenfalls - woher auch immer!


Ja - es war ein Leben ohne Fernseher, mit Kachelofen dafür - der auch manchmal warm war .... das habe ich sehr kuschelig in Erinnerung. Bei diesem Ofen erinnere ich aber auch, dass ich ihn in Gang setzen sollte, wenn ich aus der Schule kam. Das war schwierig - oft stand der Wind auf dem Schornstein und ich habe es einfach nicht geschafft. Das bedeutete dann zumindest solange zu frieren, bis meine Mutter kam und sich dem Problem annahm.


Irgendeines Tages kamen Menschen ins Haus - die es aufgrund von Kriegsschäden - glaube ich - für unbewohnbar erklärten. Ja, ich erinnere mich, dass es z.B. in der Küche ein großes Loch auf dem Boden gab - da musste man vorsichtig drum herum, sonst wäre man zu Besuch beim Nachbarn darunter gewesen. Aber ich weiß nicht, ob das letztlich zum Abriss des Hauses geführt hat. Wir mussten jedenfalls alle raus und zogen bei meinen Großeltern ein. Manchmal frage ich mich, warum man uns keine Ersatzwohnung gestellt hat. Schließlich waren wir eine Familie mit 4 Kindern. Meine Geschwister konnten sich gerade wackelig auf ihren krummen Beinen halten.  Andere Kräfte und Mächte müssen eine Rolle gespielt haben. 


Mein neues Leben stellte mich noch vor ganz andere Probleme.

Hab' dich -machst nicht mehr, das was du willst!

Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst .......

In den zurück liegenden Tagen ging es mir ausgesprochen gut - der Blunaverein verliert mit jedem Tag ein wenig an Bedeutung. Diese ganzen Strapazen lohnen sich nicht - ist doch am Ende des Tages jeder Mensch auswechselbar. Wie schnell hat man verloren ... auf das falsche Pferd gesetzt! Menschen kommen und gehen .... sie erzählen dir eine Zeitlang was richtig und was falsch ist ... drehen sich um und haben nichts mehr damit zu tun! Das ist auch ein Stück unsere  kranke Welt - da bist du mit 40ig aus dem Geschäft raus und wenn du es in den davor liegenden Jahren nicht geschafft hast, mindestens 10 Mal den Job zu wechseln, bist  du auch unbrauchbar.  Naja, ich werde das alles nicht ändern - ein Jeder versucht sich bestmöglichst aus der Verantwortung zu schleichen - ich will damit  nichts mehr zu tun haben. Ich werde meinen Job machen, so gut es mit allen gemachten Erfahrungen geht - und mich weiter innerlich verabschieden!


Oskar hat heute eine Blaumeise gefressen - ich  habe den ganzen Tag schlechte Laune!

In meinem Herzen ... habe ich mich verloren. Ich bin mit der Vergangenheit konfrontiert und wünsche mir so sehr, dass unser Dasein nicht in Frage gestellt wird.

Auch das werden wir schaffen!

Stehe ich also heute morgen auf - Oskar ebenfalls. Kira und selbst Minka möchten, dass ich ihnen die Tür öffne. Ich weiß warum - die Vogelfutterstelle  meiner Nachbarin wirkt auf meine Katzen magnetisch. Eigentlich wollen sie das Elend gar nicht sehen - wissen sie doch, wie sehr sie mich verärgern, wenn sie sich nicht kontrollieren können. Ich mache die Tür auf und schon rast Oskar los. Ich hinter ihm her, mit Geschrei ... in der Hoffnung den Vogel am Knödel rechtzeitig verscheucht zu haben. Oskar findet mich blöd ... kleinlich ... nie lasse ich ihm ein bisschen Vergnügen. Er setzt sich direkt in die Futterstelle und scheint zu rufen: Kommt ruhig alle zurück, die Tante ist gar nicht so böse, wie sie aussieht! Doch ich bin sehr böse - scheuche Oskar über den Hof, bis er endlich von den Terrassen verschwindet. Ja, das hat Spaß gemacht -  so am frühen morgen mit Oskar zu spielen!


Ich koche mir meinen Kaffee - immer mit einem Blick nach draußen, um Oskar zu begrüßen, falls er es wagen sollte, wieder zurück zu kommen. Nein, aber er ist wohl beleidigt!


Mache ich meinen Rechner an, mal schauen was so in FB los ist. Schön die Tasse Kaffee  neben mir und ohne Zeitdruck an ihr herum geschlürft. Dann kommt Minka ... eigentlich so, wie sie immer kommt. Ohne jegliche Vorwarnung von hinten auf die Schreibtischplatte gesprungen   .... der Becher Kaffee fliegt mit ihr!

Nee, dass ist nun aber wirklich nicht schön - ich frickel irgendwelche Taschentücher aus der Hosentasche, um das Schlimmste zu verhindern. Geht nicht - also runter - dass ist mit meinen  kaputten Knochen nicht eben mal gemacht. Ich muss ruhig eine Stufe nach der anderen nehmen, ansonsten komme ich möglicherweise in nicht gewünschter Haltung unten an. Minka hat sich derweil verpieselt - offenbar hat sie geschnallt, dass die Aktion doof war.


Dennoch war der Tag ganz schön - ich bin in die Wedeler Marsch gefahren und auch irgendwie angekommen. Jetzt regnet es - ist mir wurscht.


Heute hatte übrigens meine Mutter Geburtstag - ein denkwürdiger Tag ... dieser Tag!

Heute ... wieder so ein Tag, den man nicht überbewerten sollte ... Pepe würde an eine Palme kacken und mit dem Thema abschließen! So will ich es auch halten!

Da würden mir heute ein paar Leute einfallen - tun wir einfach so, als ginge uns das Ganze nichts an und freuen uns auf den Urlaub nächste Woche!

Ich gehe jetzt einfach ins Bett! - 14.04.2015

Freitag - 14 Tage Urlaub!

Ich habe die letzten drei Monate geschafft. Wieder ist so unglaublich viel passiert.

Früher habe ich gedacht, dass würde sich eines Tages ändern ... wenn Struktur und Konzept passen.

Heute weiß ich, es kann sich nicht ändern.

Die Windmühlenflügel drehen sich unaufhörlich und es gilt aufzupassen, dass man ihnen  nicht zu nahe kommt.


Ich bin so sehr enttäuscht, dass ich an manchen Tagen schmerzlich die Kraft aufzubringen versuche, weiter zu machen !

 

Es ist Frühling geworden – die Sonne gibt ihr Bestens und erweckt die Natur zum Leben.  Die kalte Jahreszeit versucht dagegen zu halten – sie will nicht loslassen! Ich friere mir an manchen Nachmittagen beinahe den Arsch ab – die Nasenspitze ist bereits taub. Irgendwie macht mich das wütend – habe ich doch genug vom Frieren. Ich brauche jetzt die Sonne!

Heute Morgen – 3. Mai 2015 – werde ich vom Kuckuck geweckt – da ist er also auch wieder da! Eigentlich macht mich das total glücklich – in Gedanken – eigentlich schlafe ich noch – überlege ich – wie und wo ich den Puschel am Besten sehen kann. Er trickst mich ja jedes Jahr aus. Kaum komme ich in seine Nähe, fliegt er weck und lässt seinen monotonen Gesang von einem anderen Baum hören. Im letzten Jahr habe ich aber eine Stelle entdeckt, an der ich ihm schon ganz schön nah gekommen bin. Da werde ich mich also auch in diesem Jahr wieder auf die Suche machen.

Die Storchenkinder sind auch geboren – es sind seit 2009 tatsächlich wieder einmal 3 Küken im Nest zu sehen. Der Park blüht wundervoll – überall haben die Bäume ihr grünes Kleid angezogen – es sieht so schön aus.

Es ist so schade, dass diese Pracht von einem Ereignis überschattet wird, dass ich niemals für möglich gehalten hätte. Ich bin zutiefst traurig, fassungslos!

Am liebsten würde ich mich bei Mutti und Vati auf den Schoss setzen wollen und beschützt werden. Aber es gibt weder Mutti noch Vati und ich muss mal wieder das Rückgrat gerade machen und so tun, als …. ja,  wie muss ich tun … keine Ahnung!

Als ich jung war, dachte ich immer, dass die älteren Menschen keine Sehnsucht oder so mehr kennen. Sie haben das Leben gelebt, wissen wo es lang geht  … sie wirken oft so überheblich souverän – emotionslos!

Ich weiß nicht, wie ich auf junge Menschen wirke, aber ich weiß, dass ich weder emotionslos noch ohne Sehnsucht bin!

Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass die Dinge auf einen guten Weg kommen und dass wir es alle schaffen!

... und diesen blöden Typ, den man nun anstelle der GS gerne ansprechen kann, werde ich niemals die Hand geben! Überhaupt habe ich begriffen, dass das Wort  "gerne" eigentlich bedeutet ... "kannst mir mal im Mondschein begegnen"!

Was für eine verrückte Welt!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Unvorstellbare Dinge sind um mich herum passiert!

Um es vorweg zu nehmen: "Wir" haben es nicht geschafft!

 In den ersten Tagen war ich total betroffen – das die Situation ernst ist, fange ich erst jetzt langsam an zu begreifen! Ich fürchte mich – weiß einfach nicht, wohin ich mit meinen Gedanken dazu bleiben könnte. Der Alltag scheint sie zu schlucken – obercool und ohne Grenzen gehen wir zur Tagesordnung  über und verharren der Dinge. Neue Pläne werden entworfen und so allmählich habe ich den Eindruck, traut man sich aus dem Nest heraus und durch zu atmen.

 

25 Jahre  Entwicklung – die Anfänge erlebt – gekämpft, geweint  - wieder Hoffnung geschöpft und am Ende doch verloren!

 

Nein – keine Liebe – aber den Willen, sich auf den  Anderen einzulassen.

 

Unendliches Warten – ich gehe mit Salix in Richtung Autobahn ihr entgegen. Sally und ich  sitzen lange  im Gras  … Stunde um Stunde … es passiert nichts. Irgendwann spät am Abend  … Entschuldigung!

Wir nehmen uns … jetzt erst Recht … die Zeit mit Salix durch den Park  zu laufen. Sie hat Pläne … die Möglichkeit  … Macht und Karriere … hatten angeklopft! Was soll ich sagen, kann ich doch die Entwicklung nicht stoppen!

 

Wir finden nicht mehr zusammen – aber die Bilder aus dieser Zeit in meinem Kopf lassen sich nicht  löschen.

Heute … ist es nun vorbei … ich habe immer gedacht, noch trauriger kann ich gar nicht mehr sein und  muss nun feststellen, dass ich mich geirrt habe.

Ich bin so sehr in Gedanken ... dass ich den Frühling kaum bemerkt habe.  

Das Wochenende ist hinter mir - ich habe gearbeitet und bin zufrieden mit dem was ich geschafft habe. 


Mir tut mein Körper - meine Knochen derart weh... niemals werden sie die Herrschaft über mich gewinnen! Aber heute geben sie sich wirklich große Mühe!

Die Situation ist schwieriger denn je - manchmal habe ich für einen kurzen Augenblick das Gefühl, dass ich es nicht mehr will!

Ich bin sehr froh, dass ich in meinem Team zwei Leute habe ... die irgendwie für mich sind und auf die ich mich verlassen kann!

Ende - ich finde kaum noch Worte. Verlogenheit ... auch ohne Ende!

Das ich mich heute einer solchen Situation ausgesetzt sehe, hätte ich niemals für möglich gehalten. Ich würde so gerne versuchen hier etwas Luft zu bekommen durch mein Schreiben, aber mein Kopf explodiert. Gedanken, Erinnerungen , der Alltag und seine Ereignisse rasen in einer derartigen Geschwindigkeit durch meinen Kopf, das keine Zeit bleibt hier einen Augenblick festzuhalten

Hase .... was soll ich machen?